KURZPORTRÄT

Über mich!

 

Wann genau der Verlust meiner Sehfähigkeit begann, kann ich selbst gar nicht sagen.

Im Nachhinein betrachtet gab es bereits im Grundschulalter erste Anzeichen dafür, dass Irgendetwas mit meinen Augen nicht stimmte.

Zu Beginn meiner Schulzeit auf dem Gymnasium muss es dann zu einem größeren Sehverlust gekommen sein, denn es war plötzlich nicht mehr möglich, die Tafel zu sehen. Meine Eltern fuhren mit mir zu verschiedenen Augenärzten, bis am 16.11.2004 in der Universitätsklinik Münster die Diagnose „Zapfendystrophie“ mit einem damaligen aktuellen Restsehvermögen von etwa 50-60% gestellt wurde.

Die Prognose war zu dieser Zeit noch völlig unklar.

 

Nach der Diagnose veränderte sich nach außen noch nicht so viel.

Mein Sitzplatz im Klassenraum war ab nun immer ganz vorne und die Lehrer schrieben mit gelber Kreide möglichst in Druckbuchstaben an die Tafel.

 

Das Schwimmtraining verlief zu diesem Zeitpunkt noch wie immer.

 

Im Sommer 2005 kam es dann jedoch zu rasanten Veränderungen.

Ich war mit meiner Familie in den Sommerferien in Dänemark.

Ich weiß noch, dass dies die Zeit war, in der ich die Harry Potter Bücher regelrecht verschlungen habe. Von einem Tag auf den anderen konnte ich mein Buch nicht mehr weiterlesen, weil ich nichts mehr entziffern konnte. Der Urlaub wurde abgebrochen und mein Vater fuhr mit mir einige Tage später wieder nach Münster, wo dann ein Restsehvermögen von nur noch 10% festgestellt wurde.

Ab diesem Zeitpunkt ging alles sehr schnell.

Ich musste etliche Untersuchungen über mich ergehen lassen, meine weitere schulische Laufbahn wurde geplant, technische Hilfsmittel ausprobiert und angeschafft und ...und...und... – diese Zeit war für unsere gesamte Familie sehr belastend.

Es war aber auch eine Zeit, die uns alle noch mehr zusammengeschweißt hat!

 

Nun taten sich auch Grenzen im Schwimmen auf.

Es fiel mir plötzlich schwer, mich auf meiner Trainingsbahn zu orientieren und vor allem die Starts und Wenden missglückten immer häufiger.

An diese Zeit habe ich eigentlich, nicht nur was das Schwimmen betrifft, hauptsächlich schlechte Erinnerungen.

Zu dieser Zeit hatte ich noch Klavierunterricht. Der Versuch, die Noten so groß zu kopieren, dass sie für mich zu lesen waren, scheiterte kläglich. Doch auch dieses Problem konnte ich, dank meines Klavierlehrers, letztendlich lösen: es wurde halt nur noch nach Gehör gespielt, was auch gar nicht so schlecht lief.

 

2007 besuchte ich mit meinem Vater zum ersten Mal einen Schwimmwettkampf des DBS (Deutscher Behindertensportverband). Eigentlich wollte ich nicht, aber mein Vater überredete mich mit den Worten: “Lass uns nur mal vorbeischauen! Wenn du nicht schwimmen willst, fahren wir sofort wieder nach Hause.“

Wir fuhren aber nicht sofort zurück! 

Für sein liebevolles „Anschieben“ bin ich ihm bis heute sehr sehr dankbar!

 

Dass ich damals geblieben bin, habe ich aber auch anderen lieben Menschen zu verdanken. So nahmen mich auf meinem ersten DBS Wettkampf vor allem der damalige Landestrainer, Horst Danzeglocke, sowie die Athleten Miriam Lange und Sebastian Ivanow (Iwi) sofort rührend unter ihre Fittiche.

Danke noch einmal dafür!!!

 

Nach diesem Wettkampf ging es auch wieder ganz schnell – wie anscheinend immer in meinem Leben.

Ich fuhr zum ersten Mal mit dem paralympischen Schwimmteam NRW in ein Trainingslager und wurde in diesem Jahr auch noch in die Startklasse S13 klassifiziert.

 

Anmerkung:

Im paralympischen Sport wird nicht in Jahrgängen oder der offenen Klasse, sondern in Startklassen geschwommen.

2007 - 2011   startete ich in der Startklasse S13, d.h. hier konkurrieren Athleten mit einem Sehvermögen von maximal 3% bis 10% miteinander.

 

Meine aktuelle Startklasse ist S12, d.h. hier konkurrieren Athleten mit einem Sehvermögen von maximal 3% miteinander.

 

Es folgten weitere Schwimmwettkämpfe und fast hätte ich es 2008 bereits zu den paralympischen Spielen nach Peking geschafft. Schade!

Ich war aber dennoch bei den Spielen in Peking, zwar nicht als Schwimmerin, aber als Zuschauerin mit dem „Paralympischen Jugendlager“.

Was für ein beeindruckendes Ereignis!

 

2009 durfte ich zum ersten Mal an den Europameisterschaften teilnehmen. Ich weiß es noch wie heute, als ich nach erfolgreichen 400 m Freistil das Siegerpodest in Reykjavik/Island betreten durfte, um ganz stolz meine Silbermedaille in Empfang zu nehmen. Gänsehaut pur!!!

 

2010 startete ich in Eindhoven das erste Mal bei Weltmeisterschaften und konnte gleich eine Bronzemedaille mit nach Hause nehmen.

 

In den nachfolgenden Jahren reduzierte sich meine Sehfähigkeit leider immer weiter.

In der Schule konnte ich irgendwann auch mit meiner Tafelbildkamera nichts mehr anfangen. Vergrößerungslupen waren für mich auch keine Option mehr und so erhielt ich meine Arbeitsblätter in der Schule entweder als Datei auf mein Laptop oder riesig  groß kopiert, was oft dazu führte, dass ich regelrechte „Bücher“ als Arbeitsmaterial erhielt. In einigen Fällen konnte ich zusätzlich auch noch auf Hördateien zurückgreifen. Mein Laptop und mein Handy wurden ab diesem Zeitpunkt zu meinen ständigen  Begleitern, konnte ich mit ihnen doch relativ problemlos all das heran zoomen, was mir ansonsten verborgen geblieben wäre.

Maike Naomi ohne Handy – das gab es nicht mehr!

Ein Dank an die Technik!

 

2011 wurde ich dann in die Startklasse S12 klassifiziert, da mein Restsehvermögen nun deutlich unter 3% lag.

Nach diesen Augenarztterminen waren alle in unserer Familie immer besonders angespannt. Es dauerte jedes Mal eine ganze Weile, bis wieder eine gewisse Normalität einkehrte.

Doch das Jahr 2011 hatte auch seine positiven Momente.

So wurde ich in Alanya Doppelweltmeisterin über 200 und 400m Freistil und einige Monate später in Berlin Europameisterin über 400 m Freistil.

Ganz oben auf dem Treppchen zu stehen und die deutsche Nationalhymne zu hören, war einfach der Hammer!

 

Das Jahr 2012 brachte Höhen und Tiefen.

Ich konnte mich für die paralympischen Spiele in London qualifizieren, womit sich endlich mein Traum, den ich seit 2008 in Peking träumte, erfüllte. Doch immer wieder musste ich mit kleineren Verletzungen und Erkältungen kämpfen.

Den absoluten Tiefpunkt hatte ich dann am 9. August 2012. 14 Tage vor Abflug zu den Spielen nach London musste mir in der Nacht in einer Not-OP der Blinddarm entfernt werden.

Diese Zeit möchte ich eigentlich nur vergessen! Es war der Horror!

 

Nach einem Tief kommt bekanntlich wieder ein Hoch.

So auch bei mir! Nach langem Bangen nach der Blinddarm OP bekam ich kurz vor dem Abflug nach London das OK der Ärzte. Ich durfte mitfliegen und  in London an den Start gehen.

Mein Wettkampf  verlief zwar verständlicherweise nicht so, wie ich es mir noch Wochen vorher erträumt und erhofft hatte, aber ICH WAR DABEI!!!

Diese Zeit möchte ich trotz der unglücklichen Voraussetzungen nicht missen!

 

2013 war ein weiterer Meilenstein in meinem Leben.

So absolvierte ich erfolgreich mein Abitur und konnte mich trotz Schulstress und Abivorbereitung auch für die anstehenden Weltmeisterschaften in Montreal qualifizieren und dort auch erfolgreich eine Bronzemedaille über 100m Freistil gewinnen.

 

Leider verringerte sich mein Sehvermögen zu dieser Zeit wieder spürbar. Eine erneute Untersuchung in Münster im Sommer 2013 bestätigte dies.

Mein Sehvermögen auf meinem rechten Auge ist seither nahezu bei Null und auf meinem linken Auge bei etwa 1-1,5%. 

 

Nach dem Abitur veränderte sich viel in meinem Leben.

Ich begann ein Studium der Psychologie und wechselte zum Olympiastützpunkt Brandenburg.

 

Mein Leben von da an völlig selbstständig auf die Reihe zu bekommen, funktionierte  ganz gut, obwohl ich in manchen Dingen doch ab und an meine Grenzen aufgezeigt bekam. Mein erster Versuch, ganz allein einen leckeren Kuchen zu backen, ging definitiv etwas daneben. Seitdem bin ich stolze Besitzerin einer „sprechenden Waage“.

 

2014 und 2015 konnte ich meiner Medaillensammlung noch zwei weitere Medaillen hinzufügen. So holte ich bei der Europameisterschaft in Eindhoven Bronze über 400m Freistil und ein Jahr später bei den Weltmeisterschaften in Glasgow ebenfalls Bronze, dieses Mal über 50m Freistil.

Im Mai 2015 wechselte ich zudem noch zu Christian Prochnow als Trainer, der mich ab diesem Zeitpunkt gemeinsam mit meinem Vater trainierte.

 

Zurück zur Historie in das Jahr 2015:

Im Oktober 2015 der Schock!

Bei einer Wende im Training verdrehte ich mir mein Knie so unglücklich, so dass ich mir mein vorderes Kreuzband anriss. Zu allem Unglück entwickelte sich aus dieser Verletzung auch noch eine Beinvenenthrombose in der Wade. Mindestens 3 Monate Sportverbot und das im vorolympischen Jahr!

Eine Katastophe!

Ich muss zugeben, dass ich zu dieser Zeit mehr als einmal an dem Punkt war, aufzuhören. Mir fehlte die Zuversicht, das Ziel Rio 2016 überhaupt erreichen zu können. Ich hatte Selbstzweifel, war schlecht gelaunt und bin meinen Mitmenschen sicherlich zu dieser Zeit ziemlich auf die Nerven gegangen. Dafür noch einmal eine ganz dicke  Entschuldigung.

Im Dezember durfte ich dann alle paar Tage mal für 500 Meter ins Wasser, um meinen Kreislauf ein wenig in Gang zu halten.

Damals erschien mir dies alles völlig sinnlos.

Doch dann Ende Dezember trat eine ganz neue Wendung ein.

Ich hatte vom Arzt die Erlaubnis erhalten, bei einem Weihnachtsschwimmen in Berlin für 50 Meter Freistil an den Start zu gehen. Unglaublicherweise schwamm ich eine gar nicht mal so schlechte Zeit und qualifizierte mich damit für die paralympischen Spiele in Rio 2016.

Ich konnte es nicht fassen! Aber wie sagt mein Papa immer:

„Ein langfristig aufgebautes Leistungsniveau ist stabil!“

Mein Training durfte ich ab 2016 so nach und nach wieder steigern, musste aber nach wie vor auf meine Thrombose in der Wade achten. Krafttraining war immer noch verboten. Doch mit dem intensiveren Training wurde auch meine Laune wieder besser. Die Zweifel waren zwar an vielen Tagen nach wie vor da, doch schafften es meine Eltern, Schwester, Trainer und Freunde mich immer wieder liebevoll aufzubauen.

Ganz herzlichen Dank dafür!

 

Von März bis Juli 2016 verbrachte ich viele Wochen mit dem großen Ziel

 ...on the ROAD TO RIO in verschiedenen Trainingslagern.

 

Fast im Vorbeigehen fand dann noch die EM im Mai 2016 in Funchal statt.

Die Arbeit der vergangenen Monate zahlte sich aus. Immerhin konnte ich zwei Medaillen (Silber über 400m und Bronze über 50m Freistil) mit nach Hause nehmen.

Dann endlich war es soweit, die paralympischen Spiele in Rio standen vor der Tür.

Dort legte ich mir gleich nach ein paar Tagen eine Infektion zu, die mit einem Antibiotikum behandelt werden musste.

Die Zweifel waren wieder da!

 

Ich erholte mich zum Glück schnell wieder und der erste Start über 100 Meter Schmetterling brachte eine satte Bestzeit und Platz 10.

So durfte es weitergehen.

Der nächste Start waren die 400 Meter Freistil, die an sich gut liefen, wobei ich allerdings um nur 8 Hundertstel die Bronzemedaille verpasste.

Im Anschluss hieß es: Kurz! ärgern und wieder fokusieren, denn meine Hauptstrecke stand erst am 17. September an.

Über 100 Meter Freistil erreichte ich am vorletzten Wettkampftag einen guten 6. Platz.

 

Am Samstag, den 17. September gegen 18 Uhr war es endlich so weit!

Alle Zweifel, Schmerzen und Sorgen der letzten Monate waren mit einem Male völlig vergessen!

 

Silber über 50 Meter Freistil! Ich konnte es kaum fassen!

 

Auch heute noch, wenn ich daran denke, bekomme ich Gänsehaut.

Dieser Moment wird unvergessen bleiben, er ist unauslöschlich eingebrannt in meine Erinnerungen!

 

Rio 2016 war bislang der Höhepunkt in meinem Schwimmerleben!

Diese Erfahrungen und Erlebnisse bei den Spielen machen förmlich süchtig nach mehr und so befinde ich mich bereits wieder auf einem neuen Weg mit einem neuen Ziel

...on the ROAD TO Tokyo

 

Nach den Paralympics 2016 beendete Christian Prochnow leider sein Engagement in Potsdam.

Seit November 2016 trainierte ich dann in der Trainingsgruppe des ehemaligen Weltklasseschwimmers Jörg Hoffmann am Olympiastützpunkt Potsdam.

"Hoffi" ist einer der erfolgreichsten DSV-Trainer in Deutschland und ich bin ihm sehr dankbar, dass er mit mir gearbeitet hat. Die Trainingspartner aus dem DSV eröffneten für mich neue Perspektiven auf den Schwimmsport:

Es war unglaublich hart aber ich versuchte mich nicht unterkriegen zu lassen. Das ist gelebte Inklusion!

Lieber "Hoffi": Ein großes Dankeschön für diese Chance an Dich und die gesamte Trainingsgruppe!

 

Dezember 2017: Die Quälerei der letzten 13 Monate hatte sich gelohnt!

Ich habe mein Ziel erreicht und bin Weltmeisterin über 100m und 50m Freistil geworden. Es waren wohl die härtesten Rennen meiner Karriere, denn die Wettkämpfe fanden in Mexiko-City auf 2250m Höhe statt.

Wer schon einmal beim Skilaufen oder Wandern in den Bergen war, wird nachvollziehen können, wie schwer es ist, maximale Leistung in der Höhe zu bringen. Da geht einem im wahrsten Sinne des Wortes "die Puste" aus.

Aber: Ende gut, alles gut!

 

Das erste Halbjahr 2018 startete recht positiv für mich. So durfte ich zum ersten Mal bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften in Essen für den Potsdamer SV in der 1. Bundesliga starten. Was für eine Ehre! Ich war ganz schön aufgeregt vor meinem Start über die 200 Meter Freistil. Das nötige Adrenalin und die lautstarken Anfeuerungsrufe meines Teams puschten mich zu einer neuen persönlichen Bestzeit und damit auch zu einem neuen Deutschen Rekord in meiner Startklasse auf dieser Strecke. So durfte es weitergehen!

Im Mai und Juni fanden zum ersten Mal im Paraswimming Wettkämpfe im Rahmen der World-Cup-Series statt. Mein Weg führte mich zunächst nach Lignano/Italien und anschließend nach Sheffield/Großbritannien. Beide Wettkämpfe waren mit vier neuen Deutschen Rekorden und etlichen Saisonbestleistungen äußert erfolgreich für mich. Dies lag vielleicht auch daran, dass ich zum ersten Mal ein ganz persönliches Maskottchen dabei hatte, auf das ich nicht mehr verzichten möchte. Seit April 2018 folgt und unterstützt mich nämlich mein „supersüßer, schokoladenfarbiger“ Labrador-Blindenführhund „Jumper“!!!

Doch, wie schon so oft, lief leider ab der zweiten Hälfte des Jahres nicht mehr alles so rund. So riss ich mir zunächst die Sehne im Daumen an, da ich beim Schwimmen in die Leine geraten war. Kurz vor den Europameisterschaften in Dublin fing ich mir leider im Trainingslager eine ziemlich heftige Erkältung ein, so dass ich recht angeschlagen in Dublin an den Start gehen musste. Mit riesigem Kampfgeist und „Kopf durch die Wand“ konnte ich dennoch den Europameistertitel über 400 Meter Freistil erringen! 

 

Der Einstieg in die neue Saison im September verlief auch sehr holperig. Bei einem privaten Ausflug zog ich mir eine schwere Knöchelverletzung im rechten Fuß zu. Das bedeutete: vier Monate Krücken. Not macht bekanntlich erfinderisch und so wurde mein Training meiner Verletzung angepasst. Viel Krafttraining, Physiotherapie und viele Meter im Wasser nur mit den Armen als Vortrieb standen für mich bis Ende des Jahres 2018 auf dem Plan. Aufgrund dieser Verletzung konnte ich einige Zeit nicht an Wettkämpfen teilnehmen. Aufgrund der Ausfallzeiten gab es für mich sehr viele Fragezeichen vor meinen Starts bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften der 1.Bundesliga in Essen. Was konnte ich überhaupt nach der Verletzung, die immer noch nicht komplett ausgeheilt war,  erwarten? Doch siehe da: nur knapp 5 Monate nach meiner schweren Fußverletzung war ich über 50 und 100 Meter Freistil sowie 100 Meter Schmetterling so schnell unterwegs wie nie zuvor und konnte 3 neue Deutsche Rekorde erzielen!

Nach diesem tollen Einstieg verliefen die nächsten Monaten suboptimal (um es vorsichtig auszudrücken). Am besten ich blende diese Zeit einfach aus, obwohl es auch durchaus positive Erkenntnisse gibt

" Gesundheit geht vor! und GEDULD!"

Am Ende hat sich die Geduld ausgezahlt und das Jahr war sehr erfolgreich zu Ende gegangen: Beim Swim Sup in Eindhoven hatte ich mich für die PARALYMPIC GAMES TOKYO 2020 qualifiziert und durfte damit meinen Traum weiterleben.

Bis dahin standen 2020 eine Menge Trainingseinheiten und Wettkämpfe auf dem Programm. U.a.die World Series und nicht zu vergessen die EM in Madeira.

So hatten wir das Jahr geplant! Aber es kam ganz anders:

Die Pandemie hat unseren Planeten fest im Griff. 2020 haben keine Wettkämpfe stattgefunden. Noch im Sommer waren wir Alle wohl optimistisch, dass Alles gut werden wird. Die Infektionszahlen sanken, der Lock-Down war beendet und es sah zwischenzeitlich wirklich gut aus. Wettkämpfe und Trainingslager waren geplant und ich habe am 19. August meinen Traummann Carl Louis Schwarz geheiratet. Carl ist ein Top-Schwimmer im DSV und hat erfolgreich an zahlreichen internationalen und nationalen Wettkämpfen teilgenommen.

Und dann kam der Herbst 2020 ... Wieder ansteigende Infektionszahlen und erneuter Lock-Down. Wettkämpfe wurden abgesagt und unter eingeschränkten Bedingungen trainiert.

Nun starten wir 2021 einen neuen Versuch 

  ...on the ROAD TO Tokyo

Die Spiele werden leider ohne Zuschauer stattfinden. Angesichts der Pandemie sicherlich sinnvoll.

Nun ist es mittlerweile Ende März und die Infektionslage wird immer dramatischer. Ich bin gespannt, wie es weitergehen wird ...

Das Wichtigste zum Schluss: Passt Alle auf euch auf und bleibt gesund!

 

April 2021

Ihr Lieben, Einige von Euch haben sich gewundert, dass in den vergangenen Wochen nichts mehr aus meinem Leben zu sehen war. Das Gesicht, das ich hier immer gezeigt habe, war zwar immer die echte Maike, aber eben auch nur ein Teil von mir. Dem anderen Teil geht es leider gar nicht gut. Es fällt mir wahnsinnig schwer, das zu schreiben, aber ich habe mich entschieden, mich aus gesundheitlichen Gründen für eine Weile komplett zurückzuziehen. Mein Leben war in den letzten Jahren von vielen großartigen Momenten und Begegnungen gekennzeichnet, auch von vielen Erfolgen, aber die sonnige, immer positive Maike zu sein, die auch nach Rückschlägen immer wieder lächelnd aufsteht, hat enorm viel Kraft gekostet.

Mehr Kraft, als ich wohl hatte.

Meine Depressionen, die mich seit Jahren in unterschiedlicher Intensität gefangennehmen, haben in den vergangenen Monaten immer stärker zugenommen und ich werde mich daher für einige Zeit in Behandlung begeben.

Von meinem Mann, meinen Freunden, meiner Familie und natürlich von Jumpi werde ich auf diesem Weg wunderbar unterstützt, wofür ich sehr dankbar bin. Ich brauche meine ganze Kraft, um zu lernen mit dieser Krankheit umzugehen. Mir ist klar geworden, dass sie ein Teil meines weiteren Lebens bleiben wird und dass ich einfach Grenzen habe.

Natürlich stehen damit gerade große Lebensträume auf der Kippe und dies hier zu schreiben, fällt mir sehr, sehr schwer. Aber ich bin froh, dass ich jetzt endlich die Kraft gefunden habe, mir einzugestehen, dass es so nicht weitergehen kann und ich intensivere fachliche Hilfe brauche.

Für mich geht es jetzt darum, Ruhe zu finden und Heilung.

Damit ich bald meinen Sport, den ich so sehr liebe, wieder aufnehmen kann. Ich habe so viel geschafft in meinem Leben, ich schaffe auch das!

Ich umarme Euch und passt auf Euch auf!

 

Mai 2021

Hallo Ihr Lieben, zuerst einmal ganz herzlichen Dank für Eure lieben Wünsche. Ich bin wahnsinnig erleichtert, dass Ihr meine Entscheidung, mich meiner Krankheit zu stellen, so gut aufgenommen habt.

Besonders schwer ist es mir gefallen, meine Teilnahme an den Paralympics in Tokyo abzusagen. Es bricht mir das Herz diesen Traum nun gehen zu lassen, aber für mich ist das ausdrücklich keine Entscheidung gegen die Schwimmerin Maike Naomi Schwarz, sondern eine für sie. Nur, wenn ich wieder gesund werde, kann ich auf dem Startblock wirklich die beste Version meiner selbst sein und den Sport, den ich so liebe, auch wirklich genießen.

Ich wünsche dem Team Deutschland, das ich schon jetzt vermisse, und vor allem meinen SchwimmkollegInnen alles Gute und ganz viel Erfolg in Tokyo.

2024 in Paris steht quasi schon vor der Tür und ich freue mich schon sehr darauf, aber jetzt zählt erst einmal meine Krankheit in den Griff zu bekommen und zu mir zurückzufinden.

Vielen Dank nochmals dafür, dass Ihr mir dabei so viel Kraft und Liebe schenkt.

Ich umarme Euch und passt auf Euch auf!

 

September 2021

Hallo zusammen, nachdem ich mich in den vergangenen Wochen doch ein wenig schwer getan habe, folgt hier nun ein kleines Update von mir.

Seit einigen Wochen bin ich nun wieder zuhause und ich bin ehrlich, ich habe mir den Übergang in meinen Alltag doch ein wenig leichter vorgestellt.

Zusätzlich zu den psychischen Erkrankungen kamen noch gesundheitliche Sorgen dazu, die den Genesungsprozess nicht unbedingt leichter gemacht haben.

Das sportliche Ziel ist nachwievor Paris 2024, an dem ich festhalte und an das ich fest glaube.

Aber das ganz große Ziel ist ganz klar: Gesund und glücklich zu werden.

Meinen Alltag versuche ich so gut ich kann zu meistern.

Training, Selbsthilfegruppen und viel Zeit mit meiner Familie und Freunden bestimmen den Alltag und ich versuche meinen Tag mit so vielen kleinen positiven Ereignissen zu füllen, wie möglich.

Allen, die Ähnliches durchmachen, wünsche ich viel Kraft und Glück bei der Genesung.

Wir schaffen das!

 

Dezember 2021

Bevor sich das Jahr dem Ende zuneigt, versuche ich meine Gedanken noch einmal in möglichst kurze Worte zu fassen.

Nach meiner Silbermedaille in Rio 2016 hatte ich mir so viel für den kommenden paralympischen Zyklus vorgenommen. Aber wie es leider so oft ist, kommt nicht alles so wie erhofft.

Dabei fing es wirklich sehr gut an!

Doppelweltmeisterin 2017 und Europameisterin 2018. All das, was ich mir erhofft und erarbeitet hatte, schien in Erfüllung zu gehen.Die Paralympics in Tokyo in Japan, meinem Geburtsland, sollten zum Highlight meiner Karriere werden.

Doch die Jahre 2019, 2020 und 2021 waren vermutlich die bisher schwersten in meinem Leben.

Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich durch die Bank wie ein Stehaufmännchen gefühlt. Nach jeder Katastrophe, die ich gemeistert hatte, folgte eine weitere.

Neben Verletzungen, die mich fast ein Jahr begleitet haben, kommen leider auch noch unschöne Dinge hinzu. U.a. 2019 eine Krebsdiagnose, die mich lange Zeit gekostet hat. Zudem noch einige Todesfälle in der Familie.

Trotzdem bin ich immer noch voller Energie und Hoffnung und mir der schönen Dinge bewusst.

2018 habe ich die Liebe meines Lebens @jumpertheguidedog an meiner Seite gefunden und 2020 durfte ich den wundervollsten Mann heiraten, der an meiner Seite steht.

 

April 2022

IDM (Internationale Meisterschaften in Berlin).

Nachdem ich im März beim Weltcup in Aberdeen gestartet bin, wollte ich unbedingt auch hier in Berlin an den Start gehen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich aber schon in Aberdeen nicht so richtig wohl gefühlt.

Ich bin immer noch nicht wieder ich selbst. Ich kämpfe immer noch täglich mit negativen Gedanken, großen Selbstzweifeln, Ängsten, einem Gefühl der Mutlosigkeit.

ABER ICH WILL MEIN ALTES LEBEN SO SEHR ZURÜCK!!!

Deswegen habe ich mich entschieden, trotzdem in Berlin an den Start zu gehen und es zu versuchen. Aber nach meinem ersten Start musste ich mir eingestehen, dass ich einfach noch nicht soweit bin.

Daher machen mein Trainer und ich nun wieder einen Schritt zurück und konzentrieren uns vermehrt wieder auf meine Genesung und den Trainingsalltag. Ich danke allen, die mich im Moment so sehr unterstützen, mir Mut machen und es trotzdem noch irgendwie schaffen, an mich zu glauben. Das bedeutet mir unfassbar viel!

 

November 2022

Eigentlich lief gerade alles ziemlich gut. Das Training begann mir wieder richtig Spaß zu machen, ich fühlte mich im Wasser so wohl, wie lange nicht mehr und auch außerhalb hatte ich das Gefühl, dass ich nach und nach auf dem Wege der Besserung war.

Mein Trainer und ich hatten meine ersten Wettkämpfe geplant, die tatsächlich im November und Dezember gewesen wären.

Leider habe ich mich dann beim Krafttraining verletzt und mir den Fuß gebrochen.

Somit gibt es jetzt also wieder einmal eine PLANÄNDERUNG.

Die Reha wird mich einige Wochen kosten, in denen ich auch zunächst nicht ins Wasser gehen kann.

Normalerweise würde mich so eine "Kleinigkeit" eigentlich nicht so aus dem Konzept bringen, aber ich bin ganz ehrlich, mir fehlen für solche Hindernisse nach der vergangenen Zeit ein wenig die Reserven.

ABER GENUG GEJAMMERT!

Aufgeben war und ist nicht die Lösung!

Also werde ich im wahrsten Sinne des Wortes die Füße stillhalten, mich regenerieren und dann geht es wieder weiter!

Ich hoffe, Euch Allen geht es gut und passt auf Eure Knochen auf!

 

2023

Es geht auf und ab, aber die Tendenz zeigt eindeutig nach oben. Der Fuß ist verheilt und Wehwechen hat man als Leistungssportlerin ja eigentlich immer. Der Fokus liegt eindeutig vorne. Die Swiss open und die Zagreb open sind ebenso wie die Deutschen Kurzbahnmeisterschaften vielversprechend verlaufen. Der Weltrekord über 200 Rücken war schon ein Highlight.

Nichtsdestotrotz, es liegt noch viel Arbeit vor mir. Also, mit voller Konzentration und Vollgas in Richtung 2024.

Im Endspurt des Jahres 2023 hatte ich mir in den Kopf gesetzt meinen Bachelor in Psychologie abzuschließen.

Geschafft: Wieder ein Baustein abgearbeitet.

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© Maike Naomi Schnittger